„Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?“
Drei besondere und zugleich ungewöhnliche Begegnungen hatte ich in der letzten Zeit mit diesem Psalmwort.
- Vor ein paar Wochen hatte ich mich gerade intensiv mit einer eher meditativen Textübertragung dieses Psalms 27 beschäftigt, um sie auf meiner Homepage zu veröffentlichen.
- Am Tag darauf ergab sich dann zufällig ein Gespräch an einer Autowaschanlage.
Ob er mir vielleicht etwas erklären solle, meinte er freundlich. Er sei hier täglich und schaue so stundenweise ein wenig nach dem Rechten, seit er Rentner sei. Noch ein wenig Beschäftigung würde ja nicht schaden.
Das sähe ich genauso, seit ich im Ruhestand bin, stimmte ich ihm zu. Was er denn vorher beruflich gemacht habe, fragte ich ihn. In den nächsten Minuten erzählte er mir seine halbe Lebensgeschichte. Dann fragte er mich unvermittelt zurück, was ich denn beruflich gemacht hätte. Ich sei Gemeindepfarrer gewesen. Darauf er wie aus der Pistole geschossen. Er sei aus der Kirche ausgetreten. Und erklärte mir dann: Weil der Pfarrer seiner Mutter, als sie alt und krank war, trotz seiner Bitte darum nicht besucht habe, und das nicht einmal dann, als sie sterbenskrank gewesen sei. Aus lauter Verärgerung und Enttäuschung habe er dann sofort seinen Austritt aus der Kirche erklärt. Aber an Gott glauben würde er trotzdem nach wie vor. Und seinen Konfirmandenspruch kenne er auch immer noch und rezitierte dann voller Stolz „ Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?“
Der habe ihm übrigens bisher oft geholfen in seinem Leben!
- Nur wenige Tage später schickte mir ein Freund per WhatsApp das Bild von einem Berberlöwenbaby im Vordergrund, das neugierig nach vorne Richtung Kamera schaut und hinter ihm der massige Körper seiner Mutter, ebenfalls über den Kopf ihres Babys hinweg aufmerksam in die Kamera blickend.
Und darüber der Text: „Es ist völlig egal, wer vor dir steht, wenn du weißt, wer hinter dir steht.“
Als ich das Bild noch etwas genauer anschaute – im ersten Moment fiel es mir schwer, zu erkennen, was es eigentlich überhaupt darstellte – und dann noch einmal den dazu gehörenden Text las, wurde mir schlagartig bewusst: Genau darum geht es im Ps. 27!
„Vor wem, oder ich könnte auch sagen, vor was sollte ich mich fürchten, vor wem oder vor was sollte mir grauen, wenn ich weiß, dass Gott hinter mir steht?!“
Es gibt im Moment so vieles, wovor wir uns fürchten, ja, was uns manchmal sogar mit einem gewissen Grauen erfüllt:
Ich denke da zunächst an den ganzen Komplex „Corona“: Die Bedrohung durch Ansteckungen, verordnete Einschränkungen, Intensivmedizin, Impfungen, die Folgen der Pandemie für uns alle und weltweit.
Und ich denke an die drohende Klimakatastrophe und deren Bekämpfung.
Und ich denke an die ökonomischen und kriegerischen/terroristischen Bedrohungen weltweit.
Oft habe ich mittlerweile das Gefühl, dass viele Menschen heutzutage aus dem Klagen gar nicht mehr heraus kommen, auch wenn wie z.B. bei uns in Deutschland unser Klagen zu einem nicht zu geringen Teil ein Klagen auf sehr hohem Niveau ist. Und genau diese dauernde Klagerei ist derzeit unser ganz großes Problem. Denn, um es einmal bildlich zu beschreiben, wer sich im Labyrinth der Klagemauern verläuft, hört dort von den Wänden nichts anderes mehr zurückschallen als nur noch das Echo von Klagen. Und das treibt die Spirale bei uns immer weiter abwärts. Denn Klagen kostet viel Kraft und nimmt uns damit zugleicht genau die Kraft, die wir eigentlich bräuchten, um gegen das, was wir beklagen, Widerstand zu leisten und um dagegen anzukämpfen. Es ist schon richtig: Klagen brauchen wir, um unsere Nöte, Ängste, Befürchtungen, unseren Frust zur Sprache zu bringen, im wahrsten Sinne des Wortes von uns zu geben, also nach außen, von uns weg zu geben, um in unseren Klagen nicht gefangen zu bleiben, sondern um uns von ihnen zu befreien.
Nicht die Klagen sollen bei uns das letzte Wort haben, sondern der mutige und hoffnungsvolle Blick nach vorne, und genau daran erinnert uns eindrücklich der 1. Vers aus Psalm 27:
„Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?“
„Weil es völlig egal ist, wer oder auch was vor dir steht, wenn du weißt, wer hinter dir steht.“
Und wenn wir uns diesen 1. Vers des 27. Psalms noch etwas genauer ansehen:
Da geht es um den, der die Herrschaft hat über all das, was war, was ist und was sein wird: um Gott, zu dem sich in seinen unterschiedlichen Wahrnehmungsweisen – Gott sei Dank – nicht nur wir ChristInnen bekennen, aber zu dem wir durch die Lehre und das Leben Jesu unseren Zugang finden dürfen, ohne dabei vor denen unseren Respekt zu verlieren, die für sich einen anderen Zugang zu ihm gefunden haben,.
Und wie lässt Gott sich von uns konkret in unserem Leben wahrnehmen?
Als den, der auf immer wieder wunderbare Weise Licht in unser Leben, gerade auch in unsere Dunkelheiten bringt.
„Und als mein Heil“ – mit diesem Wort haben wir Deutschen so unsere eigene unsägliche Geschichte. Das an dieser Stelle stehende hebräische Wort hat eigentlich zwei Bedeutungen:
Hilfe und Rettung. Gott vermag uns zu helfen und wo nötig auch zu retten: „Er weiß viel tausend Weisen, zu retten aus dem Tod, ernährt und gibet Speisen zur Zeit der Hungersnot.“ (EG 302,5)
Und Gott verleiht uns Lebens–Kraft, durch sein uns orientierendes, korrigierendes und organisierendes Wort und durch seinen Geist oder besser ausgedrückt durch seine heilige Geistkraft, die in uns und durch uns zu wirken vermag.
Mit all dem steht er hinter uns, um uns den Rücken zu stärken. Deshalb: „Vor wem sollte ich mich fürchten? Vor wem sollte mir grauen?!“
Glaube, Gottvertrauen befähigt uns dazu, nicht im Klagen zu verharren oder gar zu versinken, sondern die Kraft, den Mut und die Zuversicht zu haben, gegen alle Hoffnungslosigkeiten anzuhoffen. Denn:
„GOTT ist mein Licht und mein Heil. Vor wem sollte ich mich fürchten? GOTT ist meine Lebens-Kraft. Vor wem sollte mir grauen?“
„Weil es völlig egal ist, wer oder was vor dir steht, wenn du weißt, wer hinter dir steht.“
Diese Gedanken haben mich heute Morgen zu Beginn einer neuen Woche gestärkt und mir Mut gemacht alle Ängste ob ich sie bewältige zur Seite zu legen! Ich bin wohl allen schwierigen Entscheidungen ausgesetzt, an der Front, aber der hinter mir wird mir die Geduld und die Kraft geben es zu schaffen.