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Du hast mir schon Fragen gestellt

Über das Leben nach dem Tod

Kennen Sie das Buch mit dem Titel „An meine Lieben“ und dem Untertitel „Was ich euch noch sagen will“ (Hubert Böke, Lene Knudsen im Verlag am Birnbach)? Ein Buch, verfasst aufgrund der Einsicht: „Eines Tages muss ich Abschied nehmen von dieser Welt. Deshalb will ich zu Zeiten mein Haus bestellen.“ Und dafür will dieses Buch eine Hilfe sein.

In einem ersten Teil lädt es ein zu einer ehrlichen inneren Begegnung mit der eigenen Sterblichkeit. Diese ist wichtig gerade in einer Gesellschaft wie der unseren, die sich zunehmend der natürlichen, weil in der gesamten Natur unausweichlichen Auseinandersetzung mit Tod und Sterben als selbstverständlichen Bestandteilen unseres Lebens verschließt. Immer wieder habe ich das Gefühl, dass manche Menschen meinen, dem Tod dadurch entfliehen zu können, dass sie ihn schlicht und einfach ignorieren. Nur: Letztlich lässt sich der Tod nicht ignorieren. Wir alle müssen ihm begegnen, entweder dann, wenn er uns einen geliebten Menschen wegnimmt, oder wenn er gar unser eigenes Leben in Frage stellt. Es ist auf jeden Fall wichtig und gut, dass wir uns beizeiten mit diesem Thema beschäftigen, um ihm vorbereitet und angstfreier zu begegnen, wenn es für uns aktuell wird. Dazu finden sich in diesem ersten Teil bewährte Texte, die uns den Zugang dazu erleichtern.

Im zweiten Teil geht es um ganz praktischen Fragen, deren Antworten hier eingetragen werden könne: persönliche Daten, Anweisungen für die Sterbephase, um Wünsche für Bestattung und Grab, um Informationen zu Themen wie Bestattungsvorsorge, Patientenverfügung und Vorsorgevollmachten.

Im dritten Teil dann gibt es die Möglichkeit, die eigene Lebensgeschichte und das, was man/frau den Zurückbleibenden noch sagen möchte, aufzuschreiben, so dass dieses Buch für Angehörige und Freunde die Verbindung zu dem gemeinsam gelebten Leben zu bewahren vermag auch über den Tod hinaus.

Eine gute Anregung für das, was es heißen kann, „zu Zeiten sein Haus zu bestellen“.

Zu Beginn dieses Buches fand ich auch den Hinweis auf ein Lied des Liedermachers Reinhard Mey, das er 1983 zum Thema Tod und Leben geschrieben hat, das sehr viele schöne, wohltuende Gedanken enthält auf die Frage: Was ist, wenn wir nicht mehr leben?

Gleich zu Beginn das Eingeständnis:

Niemand weiß da so recht Bescheid,

Solang es Menschen gibt auf Erden.

Ich denke da gleich an jenen Psalmvers, der immer wieder bei Beerdigungen zitiert wird:

Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.

Die Erinnerung an eine für uns unumgängliche Tatsache: zu wissen, was nach dem Tod kommt, werden wir erst, also „klug“ werden wir erst sein, wenn wir gestorben sind oder, um einen späteren Gedanken von Reinhard Mey aufzunehmen, wenn einer zurückkommt und uns erzählt, wie es „da drüben“ ist.

Alles, was wir sonst dazu zu sagen haben, ist nur vorläufig, Spekulation, Wunschdenken.

Niemand weiß da so recht Bescheid.

Aber damit findet er sich nicht ab. Das spielt letztlich für ihn keine Rolle.

Ich stelle mir das Sterben vor

So wie ein großes, helles Tor,

Durch das wir einmal gehen werden.

Es geht also weiter für ihn! Zur Quelle des Lichts. Aber vielleicht kommt da auch nichts! Beide Möglichkeiten sind möglich.

Und dann trifft er für sich eine Entscheidung:

Doch eh‘ nicht jemand wiederkehrt

Und mich eines Bess’ren belehrt,

Möcht‘ ich mir dort den Himmel denken.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass nach dem Tode noch etwas kommt.“ Gegenfrage: „Willst du dir das vorstellen?“

Ich sage es offen: Die Vorstellung, dass da nach dem Tod noch etwas kommt, tut mir gut, tröstet, gibt mir Hoffnung, hilft mir, ganz anders mit dem Thema Sterben und Tod umzugehen.

Reinhard Mey ist da ganz nahe bei der Botschaft der heutigen Altarlesung:

Alle Tränen wird er von ihren Augen abwischen. Es wird keinen Tod mehr geben, und keine dumpfe Trauer, keine Verzweiflungsschreie und keinen peinigenden Schmerz. Denn alles, was zum Vorläufigen gehört hat, das ist jetzt vorbei.

Oder mit seinen Worten:

Jenseits der Grenzen unsrer Zeit,

Ein Raum der Schwerelosigkeit,

Ein guter Platz, um dort zu bleiben.

Fernab von Zwietracht, Angst und Leid,

In Frieden und Gelassenheit.

Diese Vorstellung tröstet im Bezug auf die Verstorbenen:

Und es ist tröstlich, wie ich find‘,

Die uns vorangegangen sind,

Und die wir lieben, dort zu wissen.

Und sie ermutigt im Bezug auf das eigene Sterben

Und der Gedanke, irgendwann

Auch durch dies Tor zu geh’n, hat dann

Nichts Drohendes,

Die Konsequenz dieser Vorstellung:

Jede Minute bis dahin,

Wie ein Geschenk, mit wachem Sinn,

In tiefen Zügen zu erleben.

Also: Bewusstes Wahrnehmen des eigenen Lebens und der geschenkten Zeit.

Dieses Lied ist eine Predigt ohne ausdrückliches Bibelzitat, aber doch voller biblischer Bilder und Vorstellungen.

Eine Predigt, die tröstet, die Hoffnung macht, gewiss auch ihrem Verfasser selbst, dessen Sohn nach einer verschleppten Lungenentzündung ins Wachkoma gefallen und 5 Jahre später gestorben ist.

„Ein Lidschlag nur, ein Augenblick, ein Zeichen ist geblieben, und die Entschlossenheit, dich in die Welt zurückzulieben.“

Auch das bedeutet:

Jede Minute bis dahin wie ein Geschenk, mit wachem Sinn,

In tiefen Zügen zu erleben.

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