GEDANKEN zu PSALM 139 Vers 1-12
1 HERR, du erforschest mich
und kennest mich.
2 Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es;
du verstehst meine Gedanken von ferne.
3 Ich gehe oder liege, so bist du um mich
und siehst alle meine Wege.
4 Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge,
das du, HERR, nicht schon wüsstest.
5 Von allen Seiten umgibst du mich
und hältst deine Hand über mir.
6 Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch,
ich kann sie nicht begreifen.
7 Wohin soll ich gehen vor deinem Geist,
und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht?
8 Führe ich gen Himmel, so bist du da;
bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da.a
9 Nähme ich Flügel der Morgenröte
und bliebe am äußersten Meer,
10 so würde auch dort deine Hand mich führen
und deine Rechte mich halten.
11 Spräche ich: Finsternis möge mich decken
und Nacht statt Licht um mich sein –,
12 so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir,
und die Nacht leuchtete wie der Tag. Finsternis ist wie das Licht.
Gott ist überall.
Er weiß alles, er sieht alles.
Dieser Psalm klingt wie die Verherrlichung
der Allmacht Gottes.
Aber weißt du, Gott,
für mich klingt das alles eher bedrohlich.
Bist du wirklich so eine Art Röntgengerät,
das mich jederzeit und überall durchleuchtet?
Die Vorstellung,
dass du jeden meiner Gedanken kennst,
macht mir Angst.
Ist das die Freiheit,
die du mir versprochen hast?
Bist du wirklich der große Aufpasser,
der mich auf Schritt und Tritt überwacht?
Muß ich vor dir jedes Wort auf die Goldwaage legen?
Kann ich denn nirgends ohne dich sein?
Es scheint so,
als ob du mich überallhin verfolgst
so wie mein schlechtes Gewissen,
dem ich nie entfliehen kann.
Bist du ein hochgereckter Zeigefinger,
der immer sagt:
„Du darfst nicht!“?
Sitzt du mir wirklich ständig im Nacken
und gestehst mir keine Freiräume vor dir zu?
Wenn ich so frage und darüber nachdenke,
empfinde ich deine Nähe eher als bedrückend, Gott,
weil ich ihr nicht ausweichen kann,
weil sie mich umfängt wie ein Gefängnis,
dessen Türen fest verschlossen sind.
Weißt du, es gibt so viele,
die mich unter Druck setzen,
die mir die Freiheit nehmen,
von der ich noch immer träume.
Bist du wirklich nicht anders als sie,
Gott?