Szenische Predigt (Die Texte wurden in einem gemeinsamen Workshop erarbeitet von Konfis der Stadtkirchengemeinde Emmendingen, von Pfr. G. Metzger überarbeitet und von den Konfis in ihrem „Prüfungsgottesdienst“ selbst vorgetragen.)
I. Gespräch auf der Straße
N: Weißt du schon das Neuste?
H2: Nein, schießt los. Erzählt!
H1: Stell dir vor: Gestern haben wir in der Metzgergasse mitbekommen, wie dieser Jesus von Nazareth mit dem reichen Joshua zusammengetroffen ist, weißt du, dem, der da oberhalb von dem kleinen Weinberg wohnt und immer so fromm tut.
V: Ja, und der ist sogar vor Jesus niedergekniet.
H1: Aber Jesus hat ihn ganz schön angefaucht. Ich hab nicht genau gehört, warum, aber das geschieht dem schon ganz recht.
H2: Was hat er denn von Jesus gewollt?
N: Er wollte von Jesus wissen, wie er das ewige Leben bekommen könne.
H1: Hat er Jesus nicht Geld dafür angeboten? Der ist ja so reich, der kann sich doch alles kaufen, was er will.
V: Du bist gemein! Nein, aber Jesus hat ihn gefragt, ob er die Gebote einhalte.
H1: Da hat er gerade den Richtigen gefragt. Seit ich ihn kenne, hält er sich für den Frömmsten von uns allen.
H2: Sei doch mal ruhig. Was hat er denn Jesus geantwortet?
N: Er hat gesagt, dass er sie von Kindheit an befolge. Und ich glaube, Jesus hat ihm das sogar abgenommen.
V: Aber dann kam der Knaller. Weißt du, was Jesus dann zu ihm gesagt hat? Er soll alles, was er hat, verkaufen, das Geld unter den Armen verteilen und ihm nachfolgen.
H1: Das geschah ihm recht! Ganz weiß ist er geworden im Gesicht. Und dann hat er sich auf dem Absatz umgedreht und ist weggegangen. Da hat er sich ganz schön blamiert!
V: Ich mag ihn ja auch nicht. Aber du bist wirklich gehässig.
N: Außerdem, arm bist du ja auch nicht gerade. Verkauf doch du erst einmal deinen Besitz und verteile das Geld unter den Armen, bevor du über den Joshua herziehst.
H1: Also das ist etwas ganz anderes. Du weißt ja selbst, wie schwer ich geschuftet habe, um zu dem zu kommen, was ich jetzt habe.
H2: Jetzt hört doch auf, euch zu streiten. Wie haben denn die Jünger und Jesus darauf reagiert?
V: Die Jünger waren schon ganz schön entsetzt. Ich hab nur mitbekommen, wie sie erregt mit Jesus diskutierten.
N: Ja, ich auch, aber verstehen konnten wir nichts mehr. Irgendwie ging es da noch um ein Kamel. Aber was das mit dem Ganzen zu tun haben soll, weiß ich auch nicht.
H1: Vielleicht haben sie über dich geredet!
H2: Blödsinn! Und Jesus?
V: Ich hatte den Eindruck, er war schon ein bisschen enttäuscht und traurig. Irgendwie scheint er den Joshua gemocht zu haben.
H1: (höhnisch) Der mag doch alle!
II. Bericht eines Schriftgelehrten nach Jerusalem
An den Hohen Rat in Jerusalem
Bericht über den Unruhestifter Jesus von Nazareth
Der Unterzeichnende bestätigt folgenden Vorfall und möchten ihn dem Hohen Rat gefälligst zur Kenntnis bringen:
Ich war Zeuge, wie besagter Jesus, der sich gerne als Rabbi aufspielt, gestern in der Siedlung Horeb von einem Mann namens Joshua Ben Naphtali um Rat gefragt wurde. Obwohl Joshua ihm mit aller Höflichkeit begegnete, ja sogar vor ihm niederkniete, behandelte ihn dieser Jesus wie den letzten Dreck. Sofort fuhr er ihm über den Mund, nur weil er zu ihm „guter Meister“ gesagt hat. So richtig arrogant hat er sich aufgespielt, so, als ob er alles wüsste.
Und dann hat er sogar behauptet, es reiche nicht aus, die Gebote einzuhalten. Dabei sind für uns die Gebote doch das höchste und wichtigste. Wer sie einhält, wird selig. Das weiß bei uns ja schon jedes Kind! Ihr dürft nicht zulassen, dass so ein dahergelaufener Wanderprediger aus Nazareth unsere Leute in ihrem Glauben verunsichert. Ihr müsst diesen Irrlehrer unbedingt stoppen.
Abgesehen davon ist es eindeutig so, dass er die Reichen verteufelt. „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in den Himmel kommt!“, hat er noch gesagt. So eine Unverschämtheit! Reichtum ist doch ein Segen Gottes! Aber genau durch solche Angriffe auf die Reichen bekommt er viel Beifall von den Armen. Wir halten es deshalb für wichtig, euch rechtzeitig zu warnen. Wenn der die Armen weiter so gegen die Reichen aufstachelt, befürchten wir das Schlimmste. Die Leute sind sowieso schon sehr unzufrieden wegen der römischen Besatzung.
Ich bin deshalb der Meinung, ihr solltet so schnell wie möglich einschreiten und diesem Unruhestifter das Handwerk legen. Ich grüße euch ergebenst
Ihr Natanael
III. Tagebucheintrag Joshua Ben Naphtalis
Heute habe ich etwas Merkwürdiges erlebt. Endlich bin ich meine wichtigste Frage losgeworden, doch die Antwort darauf war anders, als ich sie mir erhofft hatte.
Nach langem Suchen traf ich heute auf der Straße diesen Jesus, von dem so viel geredet wird. Frohen Herzens trat ich auf ihn zu und kniete vor ihm nieder. Auf meine ehrenvolle Anrede „Guter Meister“ erwiderte er mir jedoch brüsk: „Was nennst du mich gut? Niemand ist gut, nur Gott allein!“ Am liebsten hätte ich gar nichts mehr zu ihm gesagt. Aber meine Frage „Was muss ich tun, um das ewige Leben zu bekommen?“ war dann schon draußen. Ob ich die 10 Gebote achten würde, fragte er mich dann. Das war mir nicht neu. Genauso hat mir mein Rabbi auch schon geantwortet! Ich versicherte Jesus, dass ich die 10 Gebote nicht nur achte, sondern von Kindheit an nach ihnen lebe. Da blickte er mich liebevoll an und sagte: „Dir fehlt nur eines: Verkaufe, was du hast, und gib das Geld den Armen!“
So etwas Verrücktes habe ich noch nie gehört! Man kann doch nicht einfach alles verschenken. Wovon soll ich denn dann überhaupt noch leben? Und außerdem: Ich gebe ja immer meine Spende für die Armen, wie es das Gesetz des Mose vorschreibt. Wenn ich nichts mehr habe, kann ich ja auch nichts mehr geben! Und noch etwas: Meinen Besitz habe ich mir mit viel Mühe und Fleiß erarbeitet. Wo kämen wir denn hin, wenn alle so denken würden wie Jesus?!
Natürlich bin ich verärgert über seine Worte weggegangen. Auch seine Jünger schienen nicht mit ihm einverstanden gewesen zu sein. Es entstand eine lautstarke Diskussion zwischen ihnen, und ich hörte nur noch, wie einer voller Erregung sagte: „Ja, dann kann ja überhaupt kein Mensch in den Himmel kommen!“ und wie Jesus darauf antwortete: „Bei den Menschen ist´s unmöglich, aber nicht bei Gott, denn alle Dinge sind möglich bei Gott!“
Jetzt bin ich am Grübeln, was er damit wohl gemeint haben könnte. Vielleicht hatte er doch recht mit dem, was er zu mir gesagt hat. Aber ich kann doch nicht alles aufgeben, was ich mir aufgebaut habe. Ich muss doch auch an meine Zukunft denken!
IV. Brief der Jünger Jesu an die Stadtkirchengemeinde
Liebe Mitglieder der evangelischen Stadtkirchengemeinde!
Über Euer Interesse an unserer Arbeit freuen wir uns sehr. Gerne kommen wir Eurer Bitte nach, darüber zu berichten, wie wir diese Begegnung Jesu mit jenem reichen Mann erlebt haben.
Wir waren gerade mit Jesus joggen, da kam uns eben dieser Mann entgegen und hielt uns auf. An seiner Kleidung konnte man erkennen, dass er reich war. Er kniete vor Jesus nieder und fragte: „Wie kann ich das ewige Leben erreichen?“ Jesus fragte zurück: „Hast du die 10 Gebote in Ehren gehalten?“ Als er das bejahte, dachte Jesus einen Moment nach und antwortete dann: „Verkaufe alles, was du hast, und schenke den Erlös den Armen!“ Da schaute der Fremde Jesus unmutig an und ging traurig weg.
Natürlich war die ganze gute Stimmung im Eimer. Keiner wagte etwas zu sagen. Da wandte sich Jesus uns zu und sagte: “Es ist sehr schwer für einen Reichen, ins Reich Gottes zu kommen.“ Und dann fügte er hinzu: „Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher in das Reich Gottes kommt.“
Wir haben oft über diese Aussage Jesu nachgedacht, aber so richtig verstanden, was er damit meinte, haben wir es nie. Vielleicht, dass ein Reicher sein Geld so sehr liebt, dass es für ihn unmöglich ist, darauf zu verzichten. Dass Jesus meinte, dass eben nur, wer auf seine Güter verzichten und sie loslassen, wer sich von ihrer Macht befreien kann, frei ist für das Reich Gottes.
Ihr seht, auch wir haben unsere Schwierigkeiten damit.
Später hat dann Jesus noch gesagt: „Für Menschen ist es unmöglich, ins Reich Gottes zu kommen. Bei Gott aber sind alle Dinge möglich.“
Vielleicht solltet Ihr einmal intensiver miteinander über diese beiden Sätze nachdenken. Wir wünschen dabei gutes Gelingen!
Auf Eure Anfrage, ob Jesus ein Gegner der Reichen war, möchten wir derart antworten:
Wenn, dann war Jesus ein Gegner des Reichtums, aber nicht der Reichen. Wohl hat er ihnen immer wieder sehr kritische Fragen gestellt, aber er hat sie nie abgelehnt.
So, nun wünschen wir Euch gute Gespräche und Gottes guten Geist zum gemeinsamen Nachdenken. Es ist wichtig, dass auch in Emmendingen die Botschaft Jesu verkündigt und gelebt wird.
Im Namen aller Jünger grüßen wir Euch geschwisterlich
Eure Petrus und Jakobus
V. Interview
Wir schalten nun um in unser STL-Studio zur Sendung „Exklusiv-Spezial“ mit Frauke Ludwig
F: Guten Abend, meine Damen und Herren. Herzlich willkommen bei „Exklusiv Spezial“. Mein Name ist Frauke Ludwig.
Unser heutiges Thema:
„Verkaufe alles, was du hast, und gib’s den Armen!“
Dieser Ausspruch Jesu füllt als Schlagzeile die Titelblätter in aller Welt, von China über Amerika bis Alaska. Ein Thema, das in aller Munde ist. Über 1000 Beschwerdebriefe sind bereits bei uns eingegangen. Die Aufregung ist groß.
Bei uns erleben Sie heute das Exklusivinterview mit dem Hauptbeteiligten. Hier ist er: Jesus von Nazareth. Herzlich willkommen bei uns im Studio! (Händeschütteln)
J: Ja, guten Tag!
F: Was uns alle interessiert: Was hat sich denn da jetzt wirklich abgespielt?
J: Nun, damals kam ein Mann zu mir, der mich fragte: „Wie bekomme ich das ewige Leben, guter Meister.“ Ich wies zunächst einmal zurück, dass er mich „gut“ nannte. Denn er hätte ja wissen müssen, dass nur Gott wirklich „gut“ ist.
F: Wie war denn Ihr erster Eindruck dieses Mannes?
J: Man sah im sofort an, dass er nicht arm war. Zu Beginn dachte ich, dass er sich bei mir nur einschmeicheln wolle. Doch dann wurde er mir durch die Ernsthaftigkeit seiner Worte mehr und mehr sympathisch.
F: Und was hatte es dann mit den 10 Geboten auf sich?
J: Ja genau! Das war so: Ich fragte ihn, ob er die 10 Gebote kenne und auch einhalte, also: Du sollst nicht töten, nicht ehebrechen, nicht stehlen und so weiter. Und da antwortete er dann, er habe dies schon von klein auf gemacht. Ich habe ihm das sogar abgenommen.
F: Aber Sie waren nicht damit zufrieden, wie es heißt. Was haben Sie denn dann gesagt?
J: Nun, dass ihm noch etwas Entscheidendes fehlt.
F: Und was war das?
J: Er soll seinen ganzen Besitz verkaufen und das Geld den Armen geben. Er hing einfach zu sehr an seinem Geld!
F: Ja, ja! Ich glaube, das können wir alle gut verstehen.
J: (ganz entsetzt) Ja, aber denken Sie doch einmal an die vielen Armen. 2/3 der Menschen auf unserer Welt sind arm, und es werden immer mehr! Sie schlagen sich gegenseitig tot, nur um eine Schüssel Reis zu bekommen. In jeder Sekunde, in der wir hier miteinander sprechen, stirbt ein Kind an Hunger. Dabei würde, was wir haben, für alle reichen, wenn wir es nur richtig aufteilen würden. Ich kann Sie nur immer wieder auffordern: Teilen Sie! Es kann doch nicht so schwer sein, seinen Besitz zu teilen!
F: Ich glaube, Sie haben mich da schon überzeugt. Aber dazu noch eine Frage: In den Medien wird behauptet, Sie hätten etwas gegen die Reichen. Von überall her kommen deshalb die Beschwerden. Wie nehmen Sie Stellung zu diesem Vorwurf?
J: Also erst einmal habe ich nichts gegen die Reichen.
Ich finde es nur nicht in Ordnung, dass viele von ihnen ihr Geld 1. vergöttern, 2. nicht bereit sind, es zu teilen und 3. es oft nur für unwichtige Dinge ausgeben.
Wissen Sie, wer viel hat, der hat auch viel zum Geben.
Abgesehen davon: Die Gefahr des Reichtums ist, dass er den Menschen das Gefühl gibt, sie könnten auch ganz gut ohne Gott leben. Deshalb habe ich dem ja auch gesagt: „Wenn du dich ganz auf Gott verlassen willst, dann trenne dich von deinem Besitz!“
F: Und was passierte dann?
J: Er ging mit trauriger Mine weg. Und da habe ich dann zu meinen Jüngern gesagt: „Wie schwer ist es für einen Reichen, zu Gott zu kommen.“ Da waren sie schon ganz schön geschockt. Und als ich dann noch sagte: „Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher ins Reich Gottes kommt,“ da fragten sie mich erschrocken: „Wie kann man denn überhaupt selig werden?“
F: Das würde mich und gewiss auch unserer Zuschauerinnen und Zuschauer sehr interessieren!
J: Menschen wird dies nie möglich sein, aber Gott, dem ist es möglich!
F: So, das war eigentlich ein wunderschöner Schlusssatz. Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Offenheit und Ihnen, meine verehrtes Publikum, für Ihre Aufmerksamkeit.
Und nun gebe ich weiter zu meinen Kollegen von STL- Aktuell und hoffe, wir sehen uns morgen wieder bei Exklusiv Spezial.
Leben Sie wohl!
Lesung Markus 10,17-27
17 Und als er sich auf den Weg machte, lief einer herbei, kniete vor ihm nieder und fragte ihn: Guter Meister, was soll ich tun, damit ich das ewige Leben ererbe?
18 Aber Jesus sprach zu ihm: Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als Gott allein.
19 Du kennst die Gebote: »Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis reden; du sollst niemanden berauben; ehre Vater und Mutter.«
20 Er aber sprach zu ihm: Meister, das habe ich alles gehalten von meiner Jugend auf.
21 Und Jesus sah ihn an und gewann ihn lieb und sprach zu ihm: Eines fehlt dir. Geh hin, verkaufe alles, was du hast, und gib’s den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge mir nach!
22 Er aber wurde unmutig über das Wort und ging traurig davon; denn er hatte viele Güter.
23 Und Jesus sah um sich und sprach zu seinen Jüngern: Wie schwer werden die Reichen in das Reich Gottes kommen!
24 Die Jünger aber entsetzten sich über seine Worte. Aber Jesus antwortete wiederum und sprach zu ihnen: Liebe Kinder, wie schwer ist’s, ins Reich Gottes zu kommen!
25 Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme.
26 Sie entsetzten sich aber noch viel mehr und sprachen untereinander: Wer kann dann selig werden?
27 Jesus aber sah sie an und sprach: Bei den Menschen ist’s unmöglich, aber nicht bei Gott; denn alle Dinge sind möglich bei Gott.
Ansprache von Pfarrer G. Metzger
Was meint Ihr wohl, wie diese Geschichte weitergegangen wäre, wenn jener reiche Mann damals tatsächlich seinen Besitz verkauft und den Erlös unter den Armen verteilt hätte und dann Jesus nachgefolgt wäre? Hätte er sich damit seinen Platz im Himmel gesichert gehabt?
Ist das also die richtige Methode, um in den Himmel zu kommen, um „das ewige Leben zu ererben“?
Wisst Ihr, die abschließende Bemerkung Jesu „Bei den Menschen ist´s unmöglich, aber nicht bei Gott; denn alle Dinge sind möglich bei Gott.“ macht alle derartigen Spekulationen zunichte.
Wir können uns die Seligkeit, ewiges Leben bei Gott nicht verdienen wie z. B. die Aufstellung in einer Fußballmannschaft durch Trainingsfleiß, vollen Einsatz und Erfolg im Spiel. Es gibt keine Methode, um selig zu werden. (Deshalb habt Ihr bei mir im Konfirmandenunterricht auch keine kennengelernt!)
Jesus zeigt diesem Mann, den die anderen und der sich selbst sicher für fromm gehalten haben, wie es in Wirklichkeit um ihn steht.
„Eines fehlt dir. Dir fehlt,“ so sehr uns und gewiss auch ihn dieser Gedanke überraschen mag, „Dir fehlt Gottvertrauen. Da gibt es etwas, was für dich im Moment wichtiger ist als Gott!“
Bei ihm war es, wie wir hören, sein Besitz.
Ihr seht, Jesus geht es also in erster Linie gar nicht um den Reichtum, sondern bestenfalls um die Rolle, die der Reichtum für diesen Menschen spielt.
Martin Luther hat dies einmal so ausgedrückt: „Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott.“
Deshalb das Erschrecken der Jünger! Denn wenn das stimmt, dann kann wirklich kein Mensch von sich aus selig werden. Weil es da so vieles gibt bei uns, woran wir unser Herz hängen außer an Gott.
Und das gilt ausnahmslos für jeden und für jede von uns, ob wir dies nun zugeben wollen oder nicht! Schaut, selbst seinen Jüngern, die mit ihm monatelang zusammengelebt und ihn ganz unmittelbar erlebt haben, warf Jesus immer wieder ihr fehlendes Gottvertrauen vor.
Es ist also keine Schande für uns, dasselbe auch bei uns zu entdecken.
Im Gegenteil! Jesus will auch uns die Augen öffnen, damit wir wahrnehmen, für wahr nehmen, wie es in Wirklichkeit um uns steht, damit wir uns in Bezug auf unsere eigene Frömmigkeit, damit wir uns Gott gegenüber nichts vormachen.
Weil wir uns ihm gegenüber auch gar nichts vormachen müssen!
Und seht Ihr, gerade das ist das Besondere an der Botschaft Jesu, der uns zusagt: „Gott hat dich lieb, trotz deines fehlenden Gottvertrauens, trotz deiner Fehler und Zweifel, trotz deiner Selbstherrlichkeit und Selbstüberschätzung. Er wird dich nicht zurückstoßen, wenn du dich vertrauensvoll an ihn wendest, egal, wie weit du dich von ihm entfernt hast. Denk nur an den verlorenen Sohn, wie sich sein Vater bei seiner Rückkehr verhalten hat: Keine Vorwürfe, kein Beleidigt-Sein, keine Zurückweisung, sondern nur geöffnete, bergende Arme. Glaube mir,“ sagt Jesus, „er will für dich möglich machen, was für dich unmöglich ist: Leben in Gemeinschaft mit ihm, bis in die Ewigkeit hinein. Verlass dich auf seine Zusage! Denn er steht zu seinem Wort – und zu Dir!“