Das Grab am Baum
Heute waren wir miteinander bei Freiamt im Wald spazieren – in einem Bestattungswald. Und haben „unseren“ Baum gefunden. Natürlich haben wir die Hoffnung, dass unsere Buche noch etwas dicker wird, bevor uns ihre Wurzeln als letzte Ruhestätte dienen.
Das Schöne: Wir wissen, dass wir unsere Buche mit 6 weiteren Menschen teilen werden, mit Menschen, die wir nicht kennen und die auch uns nicht kennen – vermutlich. Eine ganz besondere Art, sich im Tode näher zu kommen! Verbunden durch einen Baum, der sich voller Leben dem Himmel entgegenstreckt – und wir mitten drinnen, mitten dabei.
Eine wunderschöne Vorstellung: Durch Leben miteinander im Tod verbunden.
Und das an einem Ort, an dem unser Irdisches zu seiner letzten Ruhe kommt, um Ewiges aus sich hervorzuhoffen.
Wie viel Zeit habe ich als Pfarrer in meinem Leben auf Friedhöfen verbracht, die ich einerseits als streng rechteckig parzellierte, von Ordnungen und Verordnungen in Formen gezwungene, andererseits aber auch als liebevoll gestaltete und gepflegte Orte des Totengedenkens erlebt habe.
Ich will es für mich im Tode jedoch anders haben! Und meine Frau denkt da Gottseidank genauso.
Wir wollen gemeinsam mitten im stets werdenden und vergehenden Leben, wo Äste brechen, Pilze die Erde durchstoßen, der Gesang der Vögel die Luft erfüllt, heruntergefallene Blätter verwesen und Käfer und Ameisen sich ihren Weg suchen, dem Gedenken seinen Platz lassen und den Blick durch die Dunkelheit des Todes hindurch auf das uns stets umgebende Leben richten, das auf uns alle wartet, hier wie dort.
Weshalb nicht auf einem Friedhof? Früher war es eine Strafe, auf dem Friedhof keinen Platz zu bekommen. Oder das grausame Los der Gefallenen.
Kein Platz in geheiligter Erde – was für ein Tot-Sein!
Und doch: Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig! Heilig ist, was Gott für mich heiligt. Dazu gehört selbstverständlich auch die Natur.
„Geheiligte Erde“ ist nicht beschränkt auf unsere Friedhöfe.
Es geht da nicht um entweder – oder. Sondern um sowohl – als auch.
Niemand kann für uns erfühlen, was für uns im Glauben stimmig ist. Das gilt auch umgekehrt!
Deshalb darf es bei uns Beides geben, – das Grab auf dem Friedhof und das Grab im Wald.