Meditation zu einem Salbungsgottesdienst nach Matthäus 26,6ff
Salbung in Betanien
Jesus hielt sich in Bethanien im Hause Simons, des Aussätzigen, auf. Da kam plötzlich eine Frau mit einem Alabastergefäß voll kostbaren feinsten Öls herein. Sie träufelte Jesus das Öl über den Kopf, als er beim Mahl lag. Als die Jünger das sahen, waren sie empört und sagten zueinander: »Wozu diese Verschwendung? Man hätte dieses Öl verkaufen und den Erlös den Armen geben können!« Jesus aber hörte es und sagte: »Schimpft nicht mit der Frau. Sie hat ein gutes Werk an mir getan. Denn Arme habt ihr allezeit bei euch, mich aber habt ihr nicht immer. Sie hat meinen Leib im voraus für mein Begräbnis gesalbt. Amen, ich sage euch: Überall auf der ganzen Welt, wo dieses Evangelium verkündet wird, wird man auch ihrer gedenken und erzählen, was sie getan hat.
„In den Tod gesalbt“
„Überall auf der ganzen Welt,
wo dieses Evangelium verkündigt wird,
wird man auch ihrer gedenken
und erzählen,
was sie getan hat –
diese Frau.“
Erzählt wird von ihr,
aber ihrer gedacht?!
Einer Kirche der Männer
erinnert sich lieber an Männergeschichten.
Was hatte sie schon Besonderes getan?!
„Sie hat meinen Leib im voraus
für mein Begräbnis gesalbt,“
sagt Jesus.
Ob ihr selbst das so bewusst war?
Eine Totenehrung im voraus –
die Salbung als Wohl-Tat für einen Toten,
der noch lebt
als letzter Dienst,
als Symbol für einen liebevollen Abschied.
Sonst bleibt uns nichts
angesichts des Todes
als der liebevolle Abschied
und die Ohnmacht des Zurückbleibens,
als die Trauer über den Verlust,
als das Heimweh nach einem Menschen,
bei dem ich mich daheim gefühlt habe.
Totensonntag –
Tag des Gedenkens;
schmerzliche Erinnerungen schaffen sich Luft
oder dankbares Zurückblicken;
aber immer auch angstvolle Vergewisserung
irdischer Endlichkeit.
In den Tod gesalbt wird Jesus von ihr,
im voraus.
Wie gut!
Die überstürzte Grablegung an Karfreitag
ließ dafür keine Zeit mehr.
In den Tod gesalbt,
im voraus –
gilt das auch für uns?
„Ins Leben gesalbt“
Im voraus hatte sie ihn gesalbt,
diese Frau.
Sonst wäre er nie gesalbt worden!
Denn als am ersten Tage der Woche
drei Frauen
(übrigens auch eine Frauengeschichte!)
das Versäumte nachholen wollten,
ganz früh am Morgen,
war das Grab leer.
„Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“
Was suchen wir auf dem Friedhof?
Was finden wir dort?
Nähe zum Irdischen?
„Ich lebe, und ihr sollt auch leben“ –
so die Verheißung des Auferstandenen
für uns alle,
auch für unsere Verstorbenen.
„Gott ist nicht ein Gott von Toten,
sondern von Lebenden.“
Dafür steht Jesus Christus,
der Auferstandene.
Was wir auf dem Friedhof
zu allem anderen hinzu finden?
Nähe zum Ewigen,
das uns miteinander verbindet
über die Grenze des Todes hinweg,
durch den, der allein der Ewge heißt
und Anfang, Ziel und Mitte weißt
im Fluge unsrer Zeiten;
der uns gnädig zugewandt bleibt,
hier wie dort,
damit wir sicher schreiten.
Im voraus in den Tod gesalbt –
das galt vor Ostern!
Im voraus in das Leben gesalbt –
so darf,
so muss es heißen nach Ostern.
Die Salbung als Wohl-Tat für die Lebenden,
als Symbol für Gottes liebevolle und bergende Gegenwart,
als Symbol für seine heilsame Nähe,
aus der heraus wir zum Leben finden
in der Zeit und eben auch in der Ewigkeit.
Im voraus in das Leben gesalbt –
weil der, der damals im voraus
in den Tod gesalbt wurde,
lebt
und uns
gemeinsam mit unseren Verstorbenen
hineinnimmt in das Leben,
das durch nichts begrenzt ist,
nicht einmal durch den Tod.
„Jesus lebt!“
Seine Auferstehung
ist mein Heil!
Deshalb:
„Jesus lebt,
mit ihm auch ich!“