Die am 6. August 2000 veröffentlichte Erklärung „Dominus Iesus – über die Einzigkeit und die Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche“ hat nicht nur innerhalb der nicht römisch-katholischen Konfessionen zu starken Irritationen geführt. Auch bei unseren römischen Schwestern und Brüder schlagen die Wellen hoch.
Dabei enthält diese Erklärung eigentlich nichts Neues. Überraschend ist vielmehr nur der Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung und die Kälte, mit der schon immer Gedachtes nun auch öffentlich gesagt und damit verbindlicher geäußert worden ist.
Nur, ist es, wie Kardinal Ratzinger behauptet, tatsächlich so „völlig absurd“, dass die „lutherischen Kirchen im gleichen Sinne als Kirche angesehen werden wie die katholische“ (Zitat aus der BZ vom 23.9.2000)?
Oder ist es nicht viel mehr „völlig absurd“, dass einzelne Vertreter der Christenheit meinen, weltweit Schwestern und Brüder in Christus zu ChristInnen zweiter Klasse abstempeln zu können, als Angehörige von „kirchlichen Gemeinschaften, die nicht Kirchen im eigentlichen Sinne sind“ (Zitat)?
Ohne Zweifel gibt es in der Christenheit unterschiedliche Vorstellungen von Kirche. Sollten wir jedoch nicht alle ausnahmslos das Urteil darüber, was und wer wirklich Kirche ist, letztlich getrost dem überlassen, der allein der Herr dieser Kirche ist und bleibt?
Bei allem Verständnis um die Bemühung von dogmatischer Korrektheit, auch in diesem Zusammenhang gilt doch wohl das Wort Jesu:
„ Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden.“
Mt 23,12
Demut ist nicht nur etwas, was man von anderen fordern kann. Man muss sie auch selbst üben. Oder hat Rom gar Überheblichkeit mit Demut verwechselt unter dem Vorzeichen des unbedingten Gehorsams gegenüber „dem einen HERRN der einen Kirche“?
Bekamen die Verantwortlichen dort plötzlich Angst davor, die vom 2. Vatikanischen Konzil ausgelösten, immer stärker anwachsenden und von großen Teilen der kirchlichen Basis herbeigesehnten und willentlich umgesetzten ökumenischen Fortschritte könnten noch mehr von Erfolg gekrönt sein oder ihnen gar über den Kopf wachsen?
Natürlich empfinde ich als Pfarrer, der sich seit über 20 Jahren intensiv um Annäherung und Miteinander-Kirche-Sein im ökumenischen Kontext müht, einen gewissen Frust über die geistliche Unbeweglichkeit der römischen Kurie und ihrer Gefolgsleute, aber ich weiß auch eines, und darauf vertraue ich fest:
Wo Gottes Geist wirklich am Werke ist, dort wird er sich stärker erweisen als alle menschliche Dogmatik, als alle Macht- und Vormachtinteressen und als alle verkrusteten Traditionen. Denn er ist eben gerade nicht ein Geist der Macht, sondern der Vollmacht.
Deshalb lasse ich mich nicht entmutigen. Und ich bitte Euch, liebe Emmendinger Christen und Christinnen, die evangelischen genauso wie Euch, die römisch-katholischen, die Ihr über diese Erklärung vielleicht traurig oder aufgebracht seid: Lasst Euch nicht entmutigen. Lasst uns miteinander nur noch umso mehr voller Liebe, Hoffnung und Fantasie suchen nach dem, wodurch wir unsere Gemeinsamkeit im Glauben an den einen HERRN noch deutlicher zum Ausdruck bringen, mit Leben erfüllen und Seinem Auftrag gemäß bezeugen können. Es darf jetzt als Folge dieser Erklärung nicht weniger, es muss vielmehr noch viel mehr ökumenische Begegnungen und Veranstaltungen geben, ermutigt durch den biblischen Zuspuch:
„Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“
2. Tim 1,7 nach der Einheitsübersetzung
Dieser Geist wird sich letztlich durchsetzen. Dessen bin ich gewiss!